Als Sprogø zu Nyborg gehörte

Foto: Jørgen Diswal

Ein paar Kilometer von Nyborg entfernt – direkt in östlicher Richtung – liegt Sprogø. Heute ist die Insel den meisten Menschen nicht zugänglich und gehört zur Stadt Korsør. Historisch gesehen ist die Insel jedoch immer mit Nyborg verbunden gewesen.

Kolumne für die Zeitung „Lokalavisen Nyborg“ vom 7. Juni 2023, geschrieben vom Museumsleiter Troels Malthe Borch.

Ein paar Kilometer von Nyborg entfernt – direkt in östlicher Richtung – liegt Sprogø. Heute ist die Insel den meisten Menschen nicht zugänglich und gehört zur Stadt Korsør. Historisch gesehen ist die Insel jedoch immer mit Nyborg verbunden gewesen.

Obwohl das Museum Vestsjælland für die Archäologie und das Erheben auf Sprogø zuständig ist, meinen wir von Østfyns Museer, dass auch wir in Nyborg ein gewisses „Anrecht“ auf die Insel haben. Deshalb zeigen wir in diesem Jahr eine Ausstellung über Sprogø und nachfolgend werde ich einige der vielen Geschichten über Sprogøs enge Verbindung mit Nyborg hervorheben.

Sprogø liegt genau zwischen den Inseln Fünen und Seeland, aber während der Renaissance war die Insel Nyborger Gebiet. Der Lehnsherr auf Schloss Nyborg verfügte im Namen des Königs über die Pferde des Königs, die auf der Insel grasten. Als danach Generationen von niederländischen Bauern und Wirten auf der Insel angesiedelt wurden, wurden sie in Nyborg getauft, getraut und begraben, denn Sprogø gehörte zum Nyborger Kirchspiel.

Die Insel der Pferde
Im 16. Jahrhundert war Sprogø die Insel der Pferde. Der König ließ hier vor allem Jungpferde grasen und aus mehreren Quellen geht hervor, dass der König die Pferde von Sprogø an speziell auserlesene Personen verschenkt. Die Insel gehört zum Schloss Nyborg und der Lehnsherr auf dem Schloss muss immer wieder dafür sorgen, die Pferde auf Sprogø zu holen.

1532 wird Johan Friis vom König mit zwei Sprogøer Pferden bedacht – möglicherweise aus lauter Dankbarkeit darüber, dass Friis soeben die wichtige Aufgabe des königlichen Kanzlers übernommen hatte. Damals war es neben dem König die höchste Position im Land. Die großen, starken Sprogøer Friesenpferde waren ein besonders vornehmes Geschenk, da die Friesen für die damalige Kriegsführung das waren, was Leopard-Panzer heute sind.

Niederländische Zivilisation

Es war natürlich nicht der Lehnsherr auf Schloss Nyborg persönlich, der die Pferde auf Sprogø beaufsichtigte; hierzu hatte er Leute. Zum Jahreswechsel 1568/69 reist König Friedrich II. über den zugefrorenen Großen Belt. Aber welch Katastrophe: Sein Pferd bricht im Eis ein und der König sowie sein 100 Mann zählendes Gefolge müssen sich auf Sprogø an Land retten. Dort herrschen nicht gerade königliche Verhältnisse. Nach der Begegnung mit einer Herde relativ wilder Pferde – und vielleicht einem Pferdehirten – befiehlt der König, dass der Lehnsherr in Nyborg dafür Sorge tragen soll, dass auf Sprogø Reisende in Not in Zukunft immer die Möglichkeit für Kost und Logis haben sollen. Die Zivilisation soll auch auf die kleinen Insel im Großen Belt ausgeweitet werden, die Pferde sollten fortgebracht werden und ein Niederländer – damals wurden die Niederlande als eine der zivilisiertesten Nationen der Welt angesehen – bekommt im Namen des Königs und des Lehnsherren die Aufgabe, für einen steten Vorrat an Bier, Erbsen und gepökeltem Schweinefleisch zu sorgen.

Die Pferde werden von Sprogø weggeführt und stattdessen auf der Halbinsel „Fyns Hoved“ ausgesetzt. Jetzt regiert unter günstigen Bedingungen eine kleine niederländische Zivilisation auf Sprogø. Es wird nicht nur für Bier, Erbsen und gepökeltes Schweinefleisch gesorgt; Sprogø macht sich einen Namen für besonders gute Butter und Käse nach niederländischem Rezept. Als jährliche Abgabe verlangt der Nyborger Lehnsherr folglich drei Fässer Butter pro Jahr.

Sprogø wird Teil der staatlichen Infrastruktur

Im 17. und 18. Jahrhundert gelangt Sprogø in Privatbesitz. Die neuen Eigner sind zunächst die Nyborger Zöllner und anschließend Gut Juelsberg nördlich von Nyborg, aber 1814 wird Sprogø erneut zur Insel des Königs. Jetzt erwirbt König Friedrich VI. sie nach einem Notaufenthalt auf der kriegsgeplagten Insel von Juelsberg zurück und beordert die Einrichtung von Bewirtungsgebäuden, die 70 Reisende der 1. und 2. Klasse fassen sollen. Zudem soll es einen großen Gemeinschafts-Schlafsaal sowie weitere Räumlichkeiten für 100 Eisbootleute geben. Bald gehört Sprogø auch nicht mehr zur Kirche auf Fünen, sondern bildet einen strategisch wichtigen Punkt in der nationalen Infrastruktur mit optischem Telegraf, Leuchtturm, Eisbooten und Gastwirtschaft.

Während die kulinarischen Leckereien in Form von Butter und Käse im 17. Jahrhundert von Sprogø nach Nyborg kamen, verläuft der Austausch während des Eiswinters 1929 in die andere Richtung. Der Große Belt ist zugefroren und in der Frauenanstalt auf Sprogø ist man noch mehr von der Außenwelt abgeschnitten als sonst. Fünf Wochen lang kann kein Schiff die Insel anlaufen, stattdessen werden Flugzeuge eingesetzt, um Post und das Allernötigste für die vom Eis umringten Menschen auf der Insel abzuwerfen.

Schokolade aus Nyborg wird nach Sprogø geflogen

Währenddessen nähert sich der 50. Geburtstag der Vorsteherin Frau Nielsen, und guter Rat ist teuer. Wie kann man die beliebte Vorsteherin unter diesen Umständen hochleben lassen? Die Lösung besteht darin, die gute Schokolade vom Konditor in Nyborg für die nächste Lieferung aus der Luft zu bestellen, um den Tag zu versüßen.

Ein geschütztes Natur- und Kulturreservat

In diesem Jahr können wir am 14. Juni das 25-jährige Jubiläum der Großer-Belt-Brücke feiern. Jetzt kann man Sprogø direkt aus östlicher und westlicher Richtung ansteuern und die Insel im Großen Belt ist gleichzeitig ein für alle Mal verändert und als ein kleines, geschütztes Natur- und Kulturreservat erhalten. Viele Nyborgerinnen und Nyborger überqueren die Insel täglich mit dem PKW oder Zug, wenn sie von Nyborg nach Seeland oder Kopenhagen pendeln. Aber vor dem Brückenbau war der Widerstand in Nyborg gegen die Verbindung über den Großen Belt massiv und 1977 rief der Nyborger Bürgermeister eine Bürgerinitiative gegen die Brücke ins Leben. Jetzt werden die Dinge anders betrachtet und Nyborgs Bürgermeister setzt sich stattdessen dafür ein, die Mautabgabe für die Brücke zu entfernen, damit noch mehr Reisende den Belt überqueren. Somit können auch noch mehr Menschen wenige Sekunden lang die hübsche, kleine Insel Sprogø genießen – mit großen Scharen von Gänsen sowie Möwen, Schafen und Rindern, einem Leuchtturm und vor allem einer einzigartigen Geschichte.

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